Internationales Symposium Hochhaus
Konzepte für resiliente Stadtbausteine, anpassungsfähige Strukturen und hybride Konstruktionen
Welche Hochhäuser braucht die Stadt von übermorgen? Zu dieser Frage veranstaltete das CCTP der Hochschule Luzern am 22. Oktober 2024 ein halbtägiges Symposium im NEST der Empa in Dübendorf, an dem das Themenfeld Hochhaus aus vielfachen Perspektiven beleuchtet wurde. Mehr als 70 Teilnehmende verfolgten aufmerksam die inspirierenden Inputs der Speakerinnen und Speaker sowie die leidenschaftlichen Plädoyers der Podiumsgäste für die Hochhäuser von übermorgen. Nach einer lebendigen Diskussion und der Vorstellung des beeindruckenden Graphic Recordings des Tages feierten wir gemeinsam unser CCTP-Fest.
Mit steigender Nachfrage zeigen sich vielfach neue Ansätze für Wohnhochhäuser in urbanen Lagen. Genossenschaften setzen auf gemeinschaftliche Konzepte in der Vertikalen, neue Hochhausrichtlinien stärken den Beitrag zur Stadt und Forschungs- sowie Entwicklungsteams engagieren sich für anpassungsfähige, ressourcenschonende Typologien mit verantwortungsvollem Materialeinsatz. Im Kontext globaler Herausforderungen braucht es einen breiten disziplinenübergreifenden Diskurs, um Hochhäuser als zukunftsfähige und resiliente Stadtbausteine zu formen.
Das Symposium zeigte Konzepte für resiliente Stadtbausteine sowie hybride Strukturen und bot eine Plattform, neuartige Hochhauskonzepte aus dem In- und Ausland vorzustellen und Potenziale weiterzuentwickeln. In drei Themenfeldern werden Inputreferate aus der Forschung der HSLU und der Praxis gehalten. Eine anschliessende Podiumsdiskussion nahm Publikumsfragen auf und fasste Thesen zusammen. In spannender Atmosphäre und im Dialog mit Expertinnen und Experten entstanden am Symposium neue Ideen, um das Hochhaus für übermorgen zu gestalten: mit Mehrwerten für die Stadt, das Quartier, die Bewohnerschaft und die Umwelt. Begleitet wurde die Veranstaltung von einem Graphic Recording.
Das Internationale Symposium Hochhaus ist Teil der Reihe «ThinkTank Architektur & Stadtentwicklung» des Kompetenzzentrums Typologie & Planung in Architektur (CCTP) der Hochschule Luzern und wurde durch das Interdisziplinäre Netzwerk (IDN) Raum & Gesellschaft sowie die Stiftung zur Förderung der Hochschule Luzern – Technik & Architektur unterstützt. Ein grosses Dankeschön geht auch an die Sponsoren SIA Sektion Zürich und Asga Pensionskasse sowie unsere Medienpartnerin TEC21/espazium.ch.
Einführung Hochhaus der Zukunft
Prof. Dr. Peter Schwehr, Leiter des Kompetenzzentrums Typologie & Planung in Architektur (CCTP) und Leiter Forschung der HSLU – Technik & Architektur, führte in das Thema ein und stellte den verschiedenen Ansprüchen an ein Hochhaus urbane Visionen gegenüber. Er zeigte Handlungsfelder und Ansätze auf, Zielkonflikte als Chance zu nutzen und sie in potenzielle Synergien zu überführen.
Hybride Konstruktionen und vertikale Resilienz
Dr. Sonja Geier, Projektleiterin am Kompetenzzentrum Typologie & Planung in Architektur (CCTP) der HSLU – Technik & Architektur, stellte das «Modul 17» vor. Die hybride Hochhaustypologie setzt auf einen hohen Holzanteil und schafft eine grosse Vielfalt und Transformationskapazität innerhalb des stapelbaren Moduls sowie für unterschiedliche städtebauliche Szenarios.
Veränderungen der Nutzung oder Raumkonfiguration im Sinn der Resilienz setzen entsprechende vertikale Erschliessungssysteme voraus. Dr. Florian Trösch, Head Global Large Projects Digital bei Schindler Aufzüge AG, stellte eine Transportlösung vor, welche die Mischung verschiedener Nutzungen in der Vertikalen, aber auch innerhalb eines Geschosses ermöglicht und auf zukünftige Veränderungen reagieren kann.
Anpassbare Typologien und Low-Tech-Ansätze
C. Lars Schuchert, Projektleiter am Kompetenzzentrum Typologie & Planung in Architektur (CCTP), der HSLU – Technik & Architektur berichtete von den Erkenntnissen aus dem Innosuisse-Forschungsprojekt zum Potenzial von Low Tech-Ansätzen im Hochhaus. Er stellte praxisorientierte Handlungsempfehlungen sowie einen Baukasten von Low-Tech-Massnahmen vor, die Kosten reduzieren und dadurch bezahlbares Wohnen im Hochhaus fördern können.
Mit einem internationalen Blick stellte Xavier Blaringhem, Partner KCAP, vergangene sowie aktuelle Trends vor. Zum Beispiel liegt in den Niederlanden der Hochhaus-Boom bereits ein paar Jahrzehnte zurück. Dort lässt sich beobachten, dass der Sockel eines Hochhauses sehr stark aus städtebaulichen Ansprüchen entwickelt wird und dass Hochhäuser dort häufig als urbane Ensembles realisiert sind, die sich an differenzierten Höhenniveaus der Stadtumgebung orientieren.
Soziale Nachhaltigkeit im Wohnhochhaus
Prof. Alexa Bodammer, Projektleiterin am Kompetenzzentrum Gemeinde-, Stadt- und Regionalentwicklung der HSLU – Soziale Arbeit setzte den Fokus auf soziale Aspekte im Hochhaus. In ihrem Forschungsprojekt wurden umfassende Umfragen und Analysen durchgeführt sowie verschiedene Fallbeispiele evaluiert. Die Ergebnisse illustrieren das Leben im Hochhaus sowie die Herausforderungen und unterschiedlichen Wahrnehmungen und leiten entsprechende Planungsempfehlungen ab.
Prof. Peter Sapp, Partner bei querkraft architekten zt gmbh, stellte eine Vielfalt von Praxisbeispielen und Gestaltungsansätzen vor, um Hochhäuser als lebendige Quartiere und Stadtbausteine umzusetzen. Aus der Kombination von Pragmatismus und Poesie entsteht eine emotionale Nachhaltigkeit und es kann sich eine langfristige Wertschätzung des Lebensraums im und am Gebäude entwickeln.
Podium – Thesen & Diskussion
Nach den Vorträgen entwickelte sich unter der Moderation von Prof. Dr. Hartwig Stempfle (Leiter kantonales Tiefbauamt Thurgau) eine lebhafte Podiumsdiskussion vor und mit dem Publikum, in der die Komplexität und die Rahmenbedingungen für Hochhäuser einmal mehr deutlich wurden. Es zeigte sich, dass man durchaus den Mut zum Experiment im Kleinen finden kann, um neue Lösungen – auch für erschwinglichen Wohnraum – im Hochhaus zu wagen. Ein herzlicher Dank geht besonders an die Teilnehmenden des Podiums Dr. Nathanea Elte (Präsidentin Allgemeine Baugenossenschaft Zürich (ABZ)), Katrin Gügler (Direktorin Amt für Städtebau Zürich), Birgit Hattenkofer (Leiterin Development, Pensimo Management AG, Zürich), Prof. Karin Schmid (Gesellschafterin 03 Arch., Hochschule München, Lehrgebiet Städtebau und Gebäudelehre), C. Lars Schuchert (HSLU/CCTP) für den engagierten Austausch.
CCTP-Fest
Graphic Recording
Filippo Buzzini (Sketchy Solutions) begleitet Veranstaltungen, Konferenzen, Workshops oder Projekte, indem er die wesentlichen Botschaften und Ideen extrahiert und visuell zusammenfasst. Durch Kombination von Bildern, Symbolen und Text entsteht ein gezeichnetes Protokoll in Echtzeit. An der Veranstaltung «Internationales Hochhaus Symposium» ist so eine beeindruckende Zusammenfassung des Abends mit seinen vielfältigen Beiträgen und Inputs entstanden, die allen Beteiligten noch weit über die Veranstaltung hinaus in Erinnerung bleiben und Diskussionsstoff bieten wird.
Download des kompletten Graphic Recording (© Filippo Buzzini, Sketchy Solutions)
Besichtigung NEST
Als Auftakt der Veranstaltung vor den Input-Referaten konnten die verschiedenen Units des NEST besichtigt werden.
Personen
REFERENTINNEN UND REFERENTEN
PETER SCHWEHR
ist Professor an der Hochschule Luzern, Leiter Forschung Architektur und leitet das Kompetenzzentrum Typologie & Planung in Architektur (CCTP), ein ThinkTank für Architektur & Stadtentwicklung. Forschungsschwerpunkte sind Transformationsstrategien für aktuelle und zukünftige Herausforderungen.
hslu.ch/cctp
SONJA GEIER
ist Architektin, Dozentin an der Hochschule Luzern und stv. Leiterin des CCTP. Sie promovierte an der TU München und ist seit über 15 Jahren in nationalen sowie internationalen Forschungsprojekten tätig. Aktuell ist sie auch als Gastprofessorin an der Universität Stuttgart in den Themen Holzbau und Kreislaufwirtschaft tätig.
hslu.ch/cctp
FLORIAN TRÖSCH
befasst sich bei Schindler mit Megatrends in der urbanen Mobilität und verantwortet die zukunftsweisenden Produkte Schindler PORT und Schindler Meta-Core. Er promovierte im Bereich der drahtlosen Kommunikation an der ETH Zürich und arbeitete bei einer renommierten Beratungsfirma.
schindler.ch
C. LARS SCHUCHERT
ist Dozent an der Hochschule Luzern und stv. Leiter des CCTP. Als Architekt und Innenarchitekt lehrt und forscht er zur Qualität der gebauten Umwelt in allen Massstäben. Er entwickelt interdisziplinäre Methoden sowie Gebäudetypologien mit hoher Transformationskapazität von der Atmosphäre bis hin zu Open Architecture.
hslu.ch/cctp
XAVIER BLARINGHEM
ist Architekt und Stadtplaner in Zürich, Partner bei KCAP und Dozent an der École Nationale Supérieure d’Architecture de Strasbourg (ENSAS). Er arbeitet an einer Reihe von Projekten in verschiedenen Disziplinen mit Schwerpunkt auf (digitalen) Werkzeugen sowie Nachhaltigkeit auf allen Ebenen, in der Schweiz und international.
Foto: © Boudewijn Bollmann
kcap.eu | strasbourg.archi.fr
ALEXA BODAMMER
Diplom in Architektur und Master in European Urban Cultures (Humangeografie, Soziologie, Design, Kulturwissenschaft). Forschung und Beratung zu Stadt- und Gemeindeentwicklung, sozialräumlicher Entwicklung, Governance, Prozessdesign, Partizipation und Baukultur. Freie Tätigkeiten und Mandate in Planung, Gestaltung, Raum und Gesellschaft.
hslu.ch
PETER SAPP
Einem poetischen Pragmatismus folgend, widmet sich sein Architekturbüro Querkraft in Wien Projekten und Prozessen, in deren Mittelpunkt stets der Mensch steht. Querdenken bestimmt massgeblich die Arbeitsweise, während Empathie und Neugier durch den Entwurfsprozess leiten.
querkraft.at
PODIUM
HARTWIG STEMPFLE
ist Leiter des kantonalen Tiefbauamtes Thurgau. Er war Professor für Tragwerke, Mauerwerk und Spannbeton an der HSLU und ist Gründer der stempfle consulting GmbH. Mit mehr als 25 Jahren Berufserfahrung als Tragwerksplaner im Infrastruktur- und Hochbau ist er ein gefragter Experte und war u.a. Präsident des SIA Zürich und der Konferenz der Züricher Planerverbände.
tiefbauamt.tg.ch | stco.ch
NATHANEA ELTE
ist Präsidentin der Allgemeinen Baugenossenschaft Zürich und in strategischen Führungsgremien sowie Baukommissionen weiterer gemeinnütziger Bauträger. Die ABZ baut im Koch-Quartier ihr erstes Hochhaus: zahlbarer Wohnraum im Spannungsfeld von Erstellungskosten, Wohnqualität, Nachhaltigkeit und Gemeinschaftsförderung.
abz.ch
KATRIN GÜGLER
Studium an der ETH Zürich. Gemeinsames Architekturbüro mit Regula Stahl in Zürich und Basel. Lehrtätigkeit an der ETH Zürich sowie Diplomexpertin an der Fachhochschule Nordwestschweiz. 2007 – 2016 Mitglied der Geschäftsleitung im Amt für Städtebau Winterthur. Seit 2017 Direktorin des Amts für Städtebau Zürich.
stadt-zuerich.ch/hochbau
BIRGIT HATTENKOFER
ist Leiterin Development bei der Pensimo Management AG. Davor war sie Projektentwicklerin und Bauherrenvertreterin bei der Zug Estates AG. Sie studierte Architektur (TU München) sowie Vorderasiatische Archäologie (LMU München) als Promotionsstudium. An der Hochschule St. Gallen absolvierte sie den Executive MBA HSG.
pensimo.ch
KARIN SCHMID
ist Partnerin der 03 Arch. GmbH und unterrichtet als Professorin für Städtebau und Gebäudelehre an der Hochschule München. Sie forscht zu Verdichtungspotenzialen in urbanen Quartieren sowie zu Instrumenten der Qualitätssicherung im Städtebau und Wohnungsbau im Rahmen der dreifachen Innenentwicklung.
03arch.de | hm.edu
GRAPHIC RECORDING
FILIPPO BUZZINI
begleitet Veranstaltungen, Konferenzen, Workshops oder Projekte, indem er die wesentlichen Botschaften und Ideen extrahiert und visuell zusammenfasst. Durch Kombination von Bildern, Symbolen und Text entsteht ein gezeichnetes Protokoll in Echtzeit.
sketchysolutions.ch
Internationales Symposium Hochhaus / Programm & Personen
Kontakt
C. Lars Schuchert
Kompetenzzentrum Typologie & Planung in Architektur (CCTP)
lars.schuchert@hslu.ch
Forschungsprojekte Hochhaus des CCTP
Die Themenfelder des Symposiums basieren auf den folgenden Forschungsprojekten des CCTP:
Holz Hybrid Hochhaus – Modul 17
Wie baut man gleichzeitig verdichtet, nachhaltig und ressourcen-schonend?
Forschende der Hochschule Luzern haben das Potential von Holz-Hybrid-Hochhäusern untersucht. Im Rahmen eines Forschungsprojektes haben sie das horizontal und vertikal flexible «Modul17» entworfen, das zu fast 90 % aus Holz besteht und sich an die unterschiedlichsten Stadtstrukturen anpasst.
Soziale Nachhaltigkeit im Wohnhochhaus
Hochhäuser stechen ins Auge, sie polarisieren und Hochhauspläne müssen mit zahlreichen Einsprachen rechnen – kurz: Hochhäuser geben zu reden. Expertinnen und Experten der Hochschule Luzern beschäftigten sich in einer Studie mit dem Leben im Hochhaus. Sie wollten wissen: Wie kann soziale Nachhaltigkeit beim Bauen in die Höhe gefördert werden?
Urbane Visionen für das resiliente Hochhaus der Zukunft
Im Projekt wurde auf Basis einer State of the Art eine Vision für resiliente Hochhäuser entwickelt. Die Vision beinhaltet Strategien der Verdichtung, Durchmischung und Anpassungsfähigkeit für die Stadt von übermorgen. Als zusätzliche Quelle wurden Szenarien aus Filmen und Computergames analysiert.
Low Tech High Rise – Affordable Living
In einem interdisziplinären Team aus Forschung und Praxis wurden Elemente für ein Hochhaus erarbeitet, um durch eine Low-Tech-Bauweise, angemessenen Technikeinsatz und effiziente Flächenlayouts bezahlbares Wohnen im Hochhaus zu ermöglichen und zu einer qualitätsvollen Innenverdichtung beizutragen.