Kleinwohnformen
Wohn- und Lebensraum mit Potenzial?
Klimawandel, Bauland-Mangel und steigende Mieten – der Immobiliensektor steht vor grossen Herausforderungen. Ein interdisziplinäres Forschungsprojekt untersucht das Potenzial von Kleinwohnformen wie Tiny Houses, Micro-Apartments und Mobileheimen. Der Fokus liegt auf dem Spannungsfeld von Individualisierung und Verdichtung im Kontext der Nachhaltigkeit.
Welches Potenzial haben Kleinwohnformen im Spannungsfeld zwischen Individualisierung und Verdichtung im Kontext der Nachhaltigkeit?
Die von Innosuisse geförderte, interdisziplinäre Studie der Hochschule Luzern verdeutlicht, dass Kleinwohnformen (bis zu 30 Quadratmeter für eine Person und bis zu 15 Quadratmeter für jede weitere Person) verschiedene Potenziale für eine nachhaltige Entwicklung bieten können.
Politische und baurechtliche Massnahmen sowie innovative Finanzierungsmodelle können – je nach Ausgestaltung – Kleinwohnformen als nachhaltige und zukunftsfähige Wohnlösungen fördern, um ihre Rolle im Spannungsfeld zwischen Individualisierung und Verdichtung zu stärken. Die vom Projektteam entwickelten Visionen für städtische und ländliche Räume präsentieren mögliche Modellprojekte, die auf den Forschungsergebnissen basieren.
Projektergebnisse
Deskriptiver Überblick Schweiz
Die Auswertung der Umfrage zeigt, dass Kleinwohnformen in der Schweiz durchaus Potenzial haben. Rund die Hälfte der Befragten hat bereits Erfahrungen mit Kleinwohnformen oder kann sich vorstellen, in einer solchen zu leben.
Ebenso wird dabei deutlich, dass sich bisherige und zukünftige Bewohner:innen in ihren Antworten teilweise deutlich unterscheiden. Ein Grund dafür dürfte insbesondere sein, dass etwa erfahrene Personen die jeweilige Frage in Bezug auf ihre tatsächliche Wohnsituation beziehungsweise in Bezug auf ihre Erfahrungen mit Kleinwohnformen beantworten, während sich die Interessierten auf ein hypothetisches oder Wunsch-Szenario beziehen.
– Download Schlussbericht «Deskriptiver Überblick Schweiz»
Inter- und transdisziplinäre Ergebnisse
Ziel der vorliegenden Studie ist es, das Potenzial von Kleinwohnformen im Spannungsfeld von Individualisierung und Verdichtung im Kontext der Nachhaltigkeit inter- und transdisziplinär zu betrachten. Der Schwerpunkt liegt auf der Analyse von Nachfrage- und Nutzer:innensegmenten von Kleinwohnformen, basierend auf soziodemografischen Daten.
Praxisbeispiele und typologische Merkmale
Gemäss Studie zählt eine Wohneinheit dann zu den Kleinwohnformen, wenn die Individualfläche für eine Person maximal 30 m2 beträgt bzw. für jede weitere Person zusätzlich maximal 15 m2 dazu kommen.
Kleinwohnformen können als Einfamilienhaus oder als Mehrfamilienhaus genutzt werden. Je nachdem besteht das Gebäude aus einer Wohneinheit oder mehreren Wohneinheiten, die miteinander kombiniert werden. Abhängig von unterschiedlichen baulich-räumlichen Aspekten werden sechs architektonische Typologien von Kleinwohnformen festgelegt.
Rechtlicher Rahmen und Prozess
Obgleich Kleinwohnformen im Hochbau zunehmend an Popularität gewinnen, stellen sie nach wie vor eine Randtypologie dar, sodass gegenwärtig keine eigenständige Gesetzgebung sowie angepasste Beurteilungsmodelle existieren.
Die vorliegende Studie hat zum Ziel, die baurechtlichen und raumplanungsrelevanten Grundlagen für Kleinwohnformen zu erfassen, das Verdichtungspotenzial für unterschiedliche Anwendungsfälle aufzuzeigen sowie mit dem Wissen über Erfordernisse und Hindernisse die Risiken in der Planung und Umsetzung von Kleinwohnformen zu reduzieren.
– Download des Schlussberichts «Rechtlicher Rahmen und Prozess»
Finanzierungsmodelle
Kleinwohnformen können eine attraktive Wohnform für Personen mit kleinem Budget darstellen. Denn aufgrund ihrer kleinen Fläche können Kleinwohnformen gegenüber traditionellen Wohnformen günstiger sein, sowohl zur Miete als auch zum Eigentum. Allerdings gibt es neben diesen und weiteren Chancen auch potenzielle Herausforderungen bezüglich der Finanzierung.
In der Studie werden diese Chancen und Herausforderungen dargestellt. Dabei werden zwei Sichtweisen beleuchtet. Zum einen die Sicht einer Bank, die die Vor- und Nachteile in Zusammenhang mit einer Hypothekarvergabe aufzeigt, zum anderen die Sicht verschiedener Expert:innen.
– Download Schlussbericht «Finanzierungsaspekte»
Nachhaltigkeit und Ökobilanz
Inwiefern Kleinwohnformen nachhaltiges Wohnen ermöglichen – wie vielfach versprochen – wurde in dieser Studie untersucht. Aus den Ergebnissen geht hervor, dass sich die Umweltwirkungen der Kleinwohnform-Typologien erheblich voneinander unterscheiden. So entstehen z. B. durch die Typologie «Vorgefertigtes Modul» 75 Prozent mehr Umweltbelastungspunkte als durch das «Feste Haus».
Soziodemografische Profile der Nachfragesegmente
Mittels einer breiten Datenerhebung bei insgesamt 1‘211 Personen und einer statistischen Auswertung werden unterschiedliche Modelle von soziodemografischen Profile der Nachfrage- und Nutzer:innensegmente geschätzt. Zum einen werden diese bezüglich unterschiedlicher Standorte wie Stadt/urbane Gemeinden, Agglomerationsgemeinden im suburbanen Raum sowie ländliche Gemeinden nahe am Dorf-/Gemeindezentrum/Weiler beschrieben, zum anderen zeigen sie den Unterschied zwischen den unterschiedlichen Typologien Apartment, festes Haus, vorgefertigtes Modul, Fahrzeug und Anhänger.
Die Zusammenstellungen machen pro Kategorie Aussagen zum Interessensgrad, zur Demografie, zur Nachfrage und zum Motiv sowie zu verschiedenen thematischen Schwerpunkten.
– Download Schlussbericht «Soziodemografische Profile (Standorte)»
– Download Schlussbericht «Soziodemografische Profile (Typologien)»
Visionen für eine urbane und rurale Umsetzung
Basierend auf den Projektergenissen wurden für die Gemeinde Buttisholz (LU) sowie für das Stadtquartier Zürich-Affoltern Visionen erarbeitet.
Die Vision für die Gemeinde Buttisholz Längacher im Kanton Luzern fokussiert auf die Integration von Kleinwohnformen in das bestehende dörfliche Netzwerk. Die Kleinwohnformen sollen zur Verdichtung beitragen und einen ressourcenschonenden Lebensstil ermöglichen. Zielgruppen sind ältere Menschen nach der Familienphase, junge Erwachsene, die im Dorf bleiben möchten, sowie Personen, die Wohnen und Landwirtschaft verbinden wollen.Die Vision für die neue Siedlung Stöckengasse in Zürich-Affoltern zielt darauf ab, flexible und modulare Wohnlösungen für unterschiedliche Lebensphasen und Familienstrukturen zu schaffen. Diese Wohnformen sollen insbesondere Familien mit Kindern, getrennt lebende Eltern und betreutes Wohnen für Kinder und Jugendliche unterstützen.
– Download Vision Buttisholz
– Download Vision Zürich-Affoltern
Kontakt
Selina Lutz
Projektleiterin
+41 41 349 37 72
selina.lutz@hslu.ch
Weiterführende Links
– Projekt auf der HSLU-Webseite
– Workshop zu Kleinwohnformen im Rahmen des CAS «Rebuild Ukraine»
– Beitrag auf dem HUB der HSLU Soziale Arbeit
Presse
– Artikel in der Wohnrevue, 10/2024
– SRF Radiosendung «Rendez-vous» zum Thema mit einem Interview der Projektleiterin Selina Lutz
– Artikel in WOHNEN Wohnbaugenossenschaften Schweiz 02/2024
– Artikel «Lieber mehr Licht als grosse Räume» in der Luzerner Zeitung, 27.01.2024
– Artikel «Man darf nicht kompliziert sein» in der NZZ, 14.10.2023
– Beitrag zum Projekt auf «HSLU News & Stories»
– Beitrag in der SRF Radiosendung «Trend» mit einem Interview der Projektleiterin Selina Lutz
– Webnews zur Innosuisse-Zusage für das Projekt