Spaces of Labor

Im Master Studio von Joni Kaçani und Didier Balissat beschäftigten sich die Studierenden im Herbstsemester 2023 mit dem Thema «Spaces of Labor».

Die Tourismusindustrie ist ein wichtiger Arbeitgeber in Luzern und trägt als solcher zur Produktion von physischen Räumen als Konsumgüter bei. Gebäude wie das KKL sind gezielt als Spektakel konstruiert, die in einer Ökonomie der Aufmerksamkeit funktionieren. In der heutigen Gesellschaft der Singularitäten werden jedoch selbst Gebäude, die ursprünglich für andere Zwecke gedacht waren – wie die Jesuitenkirche – spektakulär und kommerziell genutzt. Folglich sind diese und andere architektonische Ikonen zu Produktionsstätten mit verschiedenen Formen von Arbeit geworden.

Die Semesteraufgabe zielte darauf ab, den Blick von der spektakulären Vorderbühne weg zu verlagern. Die Fokussierung auf diese Sehenswürdigkeiten als Räume der Arbeit ermöglichte es den Studierenden, diese zu entmystifizieren und neu zu bewerten. Es ging darum, die enthüllten sozialen Realitäten zu materialisieren und neu zu gestalten, indem die Rückseiten der analysierten Gebäude konstruktiv umgestaltet und die moderne Trennung von dienenden und bedienten Räumen, d.h. von Vorder- und Hinterbühnen, aufgehoben wurde.

Projekt von Clau Item – die Jesuitenkirche

Analyse

Die Jesuitenkirche in Luzern ist ein Barockbau an der Reuss und Teil des historischen Quartiers Kleinstadt. Erbaut als Schulkirche ist sie im Zuge der wechselhaften Geschichte des Ordens in den Besitz der öffentlichen Hand übergegangen. Nebst der Nutzung als Ort für religiöse Rituale ist sie ein Touristenmagnet. Die Kirchenhalle ist eine der meistbesuchten Sehenswürdigkeiten der Region. Zudem dient sie seit den 1980er Jahren als Probe- und Konzertort für Studierende der Hochschule Luzern und als Bühne für weitere Musikveranstaltungen. In jüngster Zeit war sie einer der Austragungsorte des Lichtfestivals Luzern.

Die unterschiedlichen Bedürfnisse der drei Nutzergruppen Religion, Tourismus und Event sorgen in den einzelnen Räumen – Kirchenhalle, Galerie, Sakristei und Schatzkammer – für eine Nutzungsüberlagerung. Sie sind dem ständigen Wechsel zwischen Front- und Backstage unterworfen. Als Ziel der Intervention wird definiert, mit der Schaffung einer unterstützenden Infrastruktur diese Überlagerung zu entflechten. Dadurch wird die liberale Haltung in Bezug auf die Nutzungsvielfalt gefördert und eine Weiterentwicklung unterstützt. Die Jesuitenkirche als barockes Gesamtkunstwerk soll bestehen bleiben. Daher drängt sich ein Annexbau auf.

Gegen Norden grenzt die Kirche mit der Hauptfassade an den Jesuitenplatz und gegen Süden an den Hirschengraben. Östlich liegt der Theaterplatz. Als zentrale und grosszügige Freifläche für politische Artikulation, als Marktplatz und als Raum für traditionelle Veranstaltungen nimmt er eine wichtige Rolle im Stadtgefüge ein. Künftig wird er durch den Neubau des Luzerner Theaters besetzt.
An der Westfassade ist die Kirche an beiden Aussenkanten mit den Nachbarsgebäuden verbunden. Es handelt sich dabei um den Ritterschen Palast, welcher das Kantonsparlament und Verwaltungsbüros beherbergt, und das Gebäude der Wirtschaftsmittelschule. Zwischen den drei Gebäuden spannt sich ein Innenhof auf, welcher als Parkfläche genutzt wird.
Der Innenhof birgt durch seine zentrale Lage und die historischen Fassadenansichten ein grosses Potential. Durch seine rückwärtige Lage bietet er sich als Ort für den Annexbau an. Gleichzeitig soll er als öffentlicher Raum aktiviert werden und Ersatz für den Theaterplatz bieten.

Projekt

Ein haushälterischer Umgang mit der Ressource Freifläche im Stadtzentrum ist angezeigt. Um dieser Anforderung gerecht zu werden, werden eine effiziente Nutzung und eine hohe Auslastung für den Annexbaus vorausgesetzt. Um dieses zu erreichen, werden nebst der Jesuitenkirche auch der Rittersche Palast und die Wirtschaftsmittelschule berücksichtigt. Es wird ein Neubau entworfen, welcher die drei historischen Gebäude entlastet und erweitert. Dabei werden Synergien genutzt, um die Auslastung zu erhöhen.
Die Raumstruktur wird in das Erdreich verschoben und mit einem neuen Stadtplatz, dem Ersatz für den Theaterplatz, überzogen. Die Anschlüsse zur bestehenden Fussgängerzone, die Voraussetzungen für eine hindernissfreie Nutzung, die Fenster und Türen der historischen Fassaden und die neu geschaffene Raumstruktur geben die Ausbildung der Hügellandschaft vor. Bestehende und neu gepflanzte Bäume durchdringen die Oberfläche des Platzes und bringen Licht in die darunterliegenden Räume. Der einzige bauliche Eingriff an den Fassaden der bestehenden Gebäude ist die Öffnung der Passage zwischen neuem Stadtplatz und dem Jesuitenplatz. Diese Direktverbindung zur Reuss löst die Sackgassen-Situation auf und bindet den Stadtplatz stärker in den Stadtraum ein.

Das Projekt verfolgt das Ziel, den Schutz von historischer Bausubstanz, die Verdichtung der Innenstadt und die Aufwertung von öffentlichem Raum zu vereinbaren.

Video von Clau Item
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