Philosophie FS22
Ziel des Moduls «Philosophie» im Bachelor Advanced ist – aufbauend auf den Begrifflichkeiten der vorausgegangen fünf Module in der Schiene Gestaltung: Identität, Verantwortung, Ethik, Materialität und Politik – fundamentale Fragestellungen der zeitgenössischen Architekturpraxis über eine gestalterische Arbeit in Mixed Media kritisch zu reflektieren.
Die gestalterische Arbeit wird durch ein Manifest ergänzt, welches die eigene Position zu einer der diskutierten Fragestellungen in Auseinandersetzung mit relevanten zeitgenössischen Diskursen in den Geistes- und Sozialwissenschaften thesenartig schärft.
Arbeit von Johanna Bucher «Manifest für eine offene Altstadt»
Die Luzerner Altstadt ist kommerzialisiert: Der Raum ist klar geordnet und wird auf markt- und konsumorientierte Praktiken reduziert. An der Oberfläche stehen sich perfekt gealterte, historische Fassaden gegenüber – eine Musealisierung der historischen Bausubstanz; die Altstadt als Mall. Mit der Ordnung und Kontrolle verschwinden die Möglichkeiten, qualitativ lustvolle, öffentliche Räume zu schaffen.
Wimmelbild als subjektive Stadtkarte
Das Thema der Überlagerung, Gleichzeitigkeit und Diversität von Geschichten und Ideen ist im Wimmelbild möglich. Die Ausarbeitung der Szenarien geschieht im Prozess und kann so ganz frei und ungeplant passieren. Durch das Wimmeln ist keine Leseart gegeben, sondern jede:r hat ihre eigene Herangehensweise, sich im Bild zu bewegen und persönliche Bezüge herzustellen.
Arbeit von Florencia Zwicky «Ich han·ge an meinem Ding»
Wie können wir nachhaltig besitzen? Mich beschäftigt persönlich, warum mit all das, was ich besitze, so wichtig ist. Herausgefunden habe ich, dass der Wert meiner Dinge mit den Erinnerungen und Geschichten dahinter in enger Korrelation stehen könnte. Den Anspruch, ein Ding alleine haben zu wollen, hängt unter anderem von der Sozialisierung ab. Diesen Anspruch abzulegen und ein Ding mit-zu-haben ist viel nachhaltiger als ein Ding alleine zu haben.
Lieblingsdinge verschiedener Personen sollen im Berner Lorraine-Quartier räumlich «Platz» einnehmen und sich den Raum aneignen. Durch diese Inszenierung eigne ich mir selber Raum an und habe·mit. Der Ort der Inszenierung geschieht zufällig auf einem ungeplanten Spaziergang durch das Quartier. Die Fotografien werden in Kombination mit Zitaten der Bewohner:innen, textlichen Anekdoten zum Stadtraum und dem integrierten Manifest in einem Editorial im dokumentarischen Stil festgehalten.
Das menschliche Bedürfnis nach Be·sitz muss für die zukünftige Stadt in Form von Mit·Haben gefördert werden.
Arbeit von Sven Flück «Bahnhofstrasse Zürich»
Identifizieren wir uns im Kleinen wie im Grossen über das Angebot des Konsums?
«Ich wohne über dem H&M», «Treffen wir uns vor dem Sprüngli», «Kennst du die Bahnhofstrasse? Es ist die teuerste Strasse der Schweiz» Die Architektur der Bahnhofstrasse identifiziert sich über die Namen der Geschäfte, welche das Erdgeschoss nutzen. Sie geben den Passant:innen und Nutzer:innen der Bahnhofstrasse die Information, wer dieses Segment beansprucht.
Die Idee der gestalterischen Arbeit und des Manifests beruht auf den Beobachtungen, die vor Ort gemacht wurden. Die Bahnhofstrasse ist ein ambivalenter Ort Zürichs. Sie zeigt einem auf den ersten Blick die angestrebte Perfektion der Schweiz, den Reichtum und die Sauberkeit. Bei genauerem Betrachten erkennt man aber die Rückseite der Strasse. Es wird gearbeitet. Die Illusion der angestrebten Perfektion trifft auf die Realität. Sie hinterlässt Spuren, welche der Strasse Leben und Diversität bescheren.