HolzHybridHochhaus
Wie baut man gleichzeitig verdichtet, nachhaltig und ressourcenschonend? Forschende der Hochschule Luzern haben das Potential von Holz-Hybridhochhäusern untersucht. Im Rahmen eines Forschungsprojektes haben sie das horizontal und vertikal flexible «Modul17» entworfen, das zu fast 90 Prozent aus Holz besteht und sich an die unterschiedlichsten Stadtstrukturen anpasst.
Hochhäuser sind eine Möglichkeit, um in Städten verdichtet zu bauen. Hochhäuser in Holz- oder Holzhybridbauweise können dabei zudem eine umweltverträgliche Lösung darstellen, weil sie den Ausstoss von Kohlendioxid für den Bau des Gebäudeparks senken. Im von Innosuisse unterstützten Projekt «HolzHybridHochHaus. Typologie für Hochhäuser in Holz-Hybridbauweise zur urbanen Verdichtung» haben Forschende der Hochschule Luzern das Potenzial von Holzhybridhochhäusern für die Städte der Zukunft untersucht und mit dem «Modul17» ein Konzept entworfen, mit dem sich diese hochflexibel gestalten lassen.
17 mal 17 Meter
«Wir stellen mit dem Modul17 einen Baukasten zur Verfügung, den man immer wieder benutzen kann, ohne dass die so entstehenden Hochhäuser alle gleich aussehen», sagt Dr. Sonja Geier vom Kompetenzzentrum Typologie & Planung in Architektur (CCTP) der Hochschule Luzern. Das Modul17 besteht zu fast 90 Prozent aus Holz und bietet auf einem Grundriss von 17 mal 17 Metern – daher der Name – und mit einer Höhe von etwa 14.5 Metern sowohl vertikal als auch horizontal eine hohe Nutzungsflexibilität über seinen gesamten Lebenszyklus. Damit ist es maximal effizient, anpassungsfähig auch in prägnanten städtebaulichen Strukturen und darüber hinaus horizontal und vertikal ausgesprochen flexibel. «Sogar ein nachträglicher Umbau eines Bürohauses in ein Wohnhaus oder umgekehrt ist mit dem Modul17 möglich», erklärt Geier.
Ein stapelbares Modul
Jedes einzelne Modul wird in den Ecken von vier «Megastützen» gehalten, die die vertikalen Lasten tragen und die Gebäudetechnik in einem Hohlraum in ihrem Innern verbergen. Direkt unter der Decke des Moduls leitet ein «Megageschoss», bestehend aus raumhohen Fachwerkträgern, die Vertikallasten auf die «Megastützen» weiter. Dadurch ist der gesamte Grundriss stützenfrei und kann als «Free Space» frei gestaltet werden. Eine «Megadecke» in Holzbetonverbund-Bauweise trennt die Module voneinander ab und sorgt zusammen mit ausserhalb des Moduls liegenden Treppenhäusern aus Stahlbeton für die horizontale Aussteifung. Der entwickelte Systembaukasten erlaubt, dass das Modul17 in der Horizontalen erweitert und vertikal gestapelt werden kann. So bietet es beliebig viele Kombinationsmöglichkeiten.
Für Wohnungen, Schwimmbäder oder Büros
Innerhalb jedes einzelnen Moduls können Zwischenwände und -decken frei gesetzt werden; etwa für eine Nutzung als Gewerbehalle oder Schule ohne oder mit nur einer Zwischendecke, als dreistöckiges Büromodul mit zwei oder als viergeschossiges Wohnmodul mit drei Zwischendecken. Gleichzeitig erlaubt die Struktur eine freie Gestaltung der Fassade; von Ganzglas- bis zur wohnhaustypischen Lochfassade ist vieles realisierbar. Das macht das Modul17 sehr flexibel, so können Schwimmbäder oder Grossraumbüros genauso realisiert werden wie Tagungs- oder Konzertsäle. Anhand eines etwa 130 Meter hohen Prototyps aus insgesamt 58 Modulen haben die Forschenden in Zusammenarbeit mit Fachleuten aus der Praxis die Erkenntnisse validiert und die Praxistauglichkeit nachgewiesen. Um das ganze Spektrum der Möglichkeiten von Holzhybrid- Hochhäusern aufzuzeigen, haben die Forschenden – Architektinnen, Brandschützer, Ingenieurinnen, Holzbauer, Gebäudetechnikerinnen – das Modul17 und den Prototypen in verschiedenen Stadtstrukturen getestet und hinsichtlich Statik, Gebäudetechnik, Produktion, Montage, Wirtschaftlichkeit und möglichen Finanzierungweisen untersucht.
Holzhäuser als Kohlenstoffspeicher
Erst seit der Revision der Brandschutzverordnung im Jahr 2015 können in der Schweiz Holzhochhäuser geplant und gebaut werden. «Endlich ist Holz aus Brandschutzsicht den anderen Baumaterialien gleichgestellt», sagt Geier. Das Verhalten von Holz im Brandfall sei dank moderner Technologie längst ein simulierbarer, berechenbarer und kontrollierbarer Prozess. Geier: «Es gibt keine wesentlichen Unterschiede im Brandschutz im Vergleich zu herkömmlichen Baustoffen.» Damit kann das Potential von Holz nun auch im Hochhausbau genutzt werden. «Holz ist die nachhaltigste aller Ressourcen, die dem Bau zu Verfügung stehen», sagt Geier. Zur Produktion ist keine Energie notwendig; Kiefern, Fichten oder Buchen wachsen von allein; auch die Verarbeitung erfolgt relativ energiearm. Gleichzeitig bindet der Baustoff CO2. Ein Holzhaus ist laut Geier faktisch ein Kohlenstoffspeicher.
Verkürzte Bauzeit dank Vorfabrizierung
Zudem sind Holzbauten leichter als Beton- oder Stahlbauten. Auch lässt sich das Material millimetergenau verarbeiten und vorfertigen. Die Verlagerung der Arbeit von der Baustelle in die Fertigungshalle, die im Zuge der Digitalisierung für viele Bauweisen Standard wird, hat im Holzbau bereits lange Tradition. «Das verkürzt die Bauzeit nicht selten um bis zu 50 Prozent und ermöglicht, die Bauabläufe exakt zu timen, was sich letztlich auch in den Baukosten niederschlägt», rechnet Geier vor. Zudem ist Holz ein ästhetisch ansprechender Baustoff.
Links und Downloads
– Link zur Publikation «Modul 17»
Organisation
Projektleitung
– Hochschule Luzern – Technik & Architektur; Projektleitung Dr. Sonja Geier
Beteiligte interne Organisationen:
– HSLU Technik & Architektur, Kompetenzzentrum Typologie & Planung in Architektur (CCTP)
– HSLU Technik & Architektur, Kompetenzzentrum Konstruktiver Ingenieurbau
Externe Projektpartner
– Künzli Holz AG
– b+p baurealisation ag
– Burkhalter Sumi Architekten Gmbh
– Vadea AG
– Lignum Holzwirtschaft
– Vereinigung kantonaler Feuerversicherungen VKF
– Holzbau Schweiz
– Makiol Wiederkehr AG
Externe Projektfinanzierer
– Graubündner Kantonalbank
– Kommission für Technologie und Innovation (KTI)
Laufzeit
01.03.2017 – 28.02.2019
Kontakt
Dr. Sonja Geier
Projektleiterin
Kompetenzzentrum Typologie & Planung in Architektur
sonja.geier@hslu.ch