Eine Verdichtung grossartiger Phänomene

Eine Arbeit von Fabian Huber, Master Fokus «Architektur & Material»

Wir alle haben dieses Gefühl; den urmenschlichen Sinn, Raum wahrzunehmen. Es gibt viele unterschiedliche Dinge, die auf uns wirken, sie werden absorbiert und verrenken sich zu einem Geflecht, das man als Genius Loci beschreiben könnte. Den Geist eines Ortes. Das Glarnerland ist so ein Ort, wo sich grossartige Phänomene vermischen und etwas Vertrautes entfalten. Mit meinem Projekt habe ich versucht, diesen Dingen etwas näher zu kommen.

Es ist aber kein Geheimrezept, das etwas Unbekanntes aufzudecken vermag, sondern vielmehr eine Reflexion mit dem Anspruch, den normalen Dingen, der alltäglichen Lebenswelt ihren Wert zurückzugeben. Und dadurch eigentlich unscheinbare Phänomene zu entdecken, die es uns ermöglichen, uns mit dem Ort zu Identifizieren und zugehörig zu fühlen.

Alles fing damit an, dass Glarus irgendwie ein Ort ist, den ich mag. Die Menschen und Bauwerke, die ich beobachtete, die Atmosphäre; sie ist nicht so wie in Zürich, aber auch nicht wie in Luzern, irgendwie ist sie anders. Alles scheint in seiner eigenen Art und Weise auf der Erde zu sein und erlaubt es so, sich mit dem Ort zu identifizieren.

Wir leben in einer Zeit der visuellen Überflutung und der daraus folgenden Orientierungslosigkeit. Menschen sind zunehmend isoliert und einsam. Juhani Pallasmaa illustrierte einen Ausweg als unscharfe und schattenbehaftete bis sogar dunkle Umwelt, die uns wieder näher zusammenbringen soll und skizzierte die wunderbaren, wechselnden Lichtzonen früherer Strassenbeleuchtungen alter Stadtstrukturen.

Vielleicht gibt’s diesen Gegenpol zur monotonen, pluralen Welt im konkreten Lebensort, dem Ortsbezug und dessen Eigenlogik. Symptomatisch dafür sind vielleicht die vielen Touristen, die ihr privates Umfeld verlassen, um für eine kurze Zeitspanne an einen dieser Orte zu stürmen. Zur Erholung vielleicht. Vielleicht aber auch einfach um mal wegzukommen; auf der Suche nach Ruhe und dem urmenschlichen Gefühl von Identifikation und Zugehörigkeit.

Mit der gestellten Aufgabe, eine touristische und somit öffentliche Baute zu entwerfen, erscheint es sinnvoll, die vorhandenen Phänomene genau zu studieren. Anknüpfung findet sich im Ortsgeist der aus den vielen verschiedenen Dingen besteht, die sich in Hätzingen verdichten und so das Wohnen ermöglichen. Dieser Entwurf dazu darf gerne als zugezogene “fremde” Familie betrachtet werden. Damit ist aber nicht auf den andersartigen Ausdruck abgezielt, der sich dezent an die vorhandene Schleusen- und Wassertechnik anlehnt, sondern vielmehr durch die neue Art, wie Bauwerke genutzt werden können. Menschen, die für einen bestimmten Zeitraum ihr Heim verlassen und nach Hätzingen siedeln, sich der wunderbaren Stimmung hingeben und sich als verschiedene Phänomene, mit allem Anderen, weiter zu dieser aussergewöhnlichen Atmosphäre verdichten, die Umwelt im Tal versammeln und so auch alle zukünftigen “Fremden” herzlich empfangen.

Drei Orte sind entstanden: Ein Quellhaus zum künstlichen See mit einem gedeckten, öffentlichen Raum zum Werken und Wein, darunter Platz für Kultur und Handwerk; einen erweiterten Raum zu den kleinen 1-2-Zimmer-Wohnungen im vermittelnden Wohngebäude am Weg. Und der dritte Ort; der Sonnenfänger, als Energieförderer für den Betrieb und Unterstand für einen mobilen Kiosk.

Die neue Familie
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