Auszeichnung FEB

Die Fachgruppe für die Erhaltung von Bauwerken (FEB) des SIA schreibt alljährlich die FEB Auszeichnung aus. 2023 vergab die Jury drei Preise und drei Anerkennungen mit einem Gesamtpreisgeld von Fr. 4500.- Unsere Studierenden Bianca Bahini und Alex Hammer gewannen einen Preis und eine Anerkennung.

Zur Projekteinsendung eingeladen sind jeweils alle Studentinnen und Studenten der Fachbereiche Architektur, Bauingenieurwesen und Gebäudetechnik sämtlicher Schweizer und Lichtensteiner Hochschulen. Die Auszeichnung würdigt Arbeiten, die das Thema «Umgang mit bestehenden Bauwerken und deren Erhaltung» vorbildlich behandeln und fundierte Lösungsvorschläge entwickeln.

2023 wurden 80 Architektur-Projekte eingereicht und sechs Projekte ausgezeichnet. Die Preisverleihung fand am 28. Juni in Koblenz statt und die Preisträger:innen wurden kostenlos Mitglieder der Fachgruppe. Zur Auszeichnung gehört auch eine Publikation im Tec21-Magazin im Januar 2024. Diese kann hier bestellt werden.

Projekt von Bianca Bahini

«Forum Calomil»
Aus dem Jurybericht:
Die Arbeit widmet sich der Umnutzung eines markanten fünfgeschossigen Fabrik- und Lagergebäudes aus vorfabrizierten Elementen, das zu den bedeutendsten Vertretern des Brutalismus im Industriebau der Schweiz zählt: dem 1963 errichteten imposanten Milchsüdi-Gebäude «Calomil» in Hochdorf LU von Bert Allemann. Die Herausforderungen im Umgang mit diesem kulturellen Erbe scheinen für die Projektverfasserin Bianca Badihi eine Einladung gewesen zu sein, die Qualitäten dieses Gebäudes über die ganze Breite der architektonischen Möglichkeiten herauszuarbeiten – vom Programm bis zum gestalterisch konsequenten Detail. Auch wenn das Objekt formell keinen Schutzstatus geniesst, so erweckt die Arbeit den Anschein, als ob im Umgang mit dem Gebäude von Anfang an neben architektonischen Gestaltungsansätzen konsequent nach Erhaltungsstrategien gesucht wurde, mit denen die Stärken des Gebäudes herausgestellt werden können. Diese erkennt die Projektverfasserin in erster Linie in der schweren und kraftvollen Tragstruktur der fein differenzierten Betonkonstruktion, die das äussere Erscheinungsbild des Gebäudes prägt und aus der durch die Umnutzung im Inneren eine hohe atmosphärische Qualität gezogen wird. Im schweren «Gerüst» des Gebäudes entfaltet sich ein neuer Massstab. Die vorhandene Kraft des Gebäudes bleibt überall spürbar.

Für die neue Nutzung des Milchsüdi-Gebäudes wird die ländliche Tradition aus Landwirtschaft und Weinkultur aufgegriffen und innovativ in die Konzeption eines gedeckten Marktplatzes innerhalb vom Gebäude überführt. Über einen Rundgang wird der Besucher vom Licht- und Schattenspiel der Lichthöfe und Deckendurchbrüche von Etage zu Etage geleitet und um die zentrale Halle geführt. Man blickt nie direkt nach Aussen durch die zurückversetzten Bandfenster, was dem Gebäude etwas Introvertiertes verleiht. Die Einbauten erfolgen sehr bewusst, konstruktiv und bauphysikalisch überlegt im «Haus-im-Haus-Prinzip» und im Wechselspiel von unbeheizten und beheizten Räumen oder sind so gesetzt, dass sie die Gebäudestruktur nur fein zu umweben scheinen. Alle Eingriffe erfolgen sehr dezent und sind von aussen nur wenig ablesbar. Mit einer Materialisierung in Holz sind diese zwar in den Sichtbetonfassaden kenntlich gemacht, bauen jedoch keinen Kontrast auf und nehmen sich in ihrer Wirkung sehr zurück. Einzig in der eingeschossigen, hinter den markanten Raumabschluss der schräg auskragenden Betonskelettkonstruktion zurücktretenden Aufstockung auf dem Dach, der grössten Intervention des Entwurfes, wird die bestehende Struktur neu interpretiert. Auch hier wird das einfallende Licht nicht direkt, sondern über eine transluzente Fassade in die Innenräume geführt.

Das grosse Potenzial dieses aussergewöhnlichen Industriebaus wurde von Bianca Badihi erkannt und genutzt. Das Projekt steht für eine Haltung, die beispielhaft sein könnte für den generellen Umgang mit Bauten der Epoche des Brutalismus. Es ist schon vieles da, die vorgeschlagenen Eingriffe sind eher untergeordnet, unaufgeregt, verhältnismässig. So wenig wie möglich, so viel wie nötig.
Eine grosse Zurückhaltung zeichnet diese Arbeit aus, aber auch eine enorme Raffinesse im Bespielen der Räume mit neuen Ausstattungen. So wird das Calomil-Gebäude zum Leuchtturm-Projekt innerhalb des Areals und bringt eine starke und kongruente Entwurfshaltung der Projektverfasserin zum Ausdruck, die einen Preis verdient hat.»

Projekt von Alex Hammer

Hochdorf im Wandel
Transformation Milchsüdi Areal – Städtebauliche Entwicklung Siedereistrasse

Aus dem Jurybericht:
«Das sich öffnende Milchsüdi Areal wird als Stadtteil entwickelt, in Ergänzung und als Gegenüber zur bestehenden Stadt. Zeichenhafte Brückenschläge verbinden städtebaulich und räumlich die Geleiseseiten, die Historie wird mit identitätsstiftenden Bildern weiterentwickelt. Der industriell geprägte Standort wird aus seiner Isolation gelöst und über Brücken aus wiederverwendeten Fachwerkträgern über die Geleise und mit einem neu angelegten städtebaulichen Platz, den man direkt aus der Geleiseunterführung betritt, auf mehreren Geschoss-Ebenen wie Bedeutungs-Ebenen verknüpft. Das industrielle Erscheinungsbild wird akzeptiert, was zu einem Bauen mit Bildern durch Wiederverwendung von prägenden Bauteilen führt – nicht primär im Sinne eines ökologischen Anliegens, sondern als Erhalt der Authentizität der Gebäude als ortsbauliche Absicht.

Den neuen Ankunftsort der südseitigen Geleiseseite bildet ein auf das Unterführungsniveau abgesenkter Platz. Ein zu Bestandesbauten neu ergänzter Kopfbau stärkt die neue Platzbildung und bezieht daraus städtebauliche Legitimation.
Indem Bauteile in Form von Gesten weiterverwendet werden, wird diese Arbeit über das Funktionale hinausgeführt: Fachwerkträger des abgebrochenen Parkdecks werden, nebst den erwähnten Passerellen, auch als Dachträger in der Aufstockung wiederverwendet was wegen ihrer enormen Dimensionen etwas forciert wirkt. Industriefenster werden in Wandflächen verwendet, welche unabhängig von den Geschosshöhen sind, um mit variablen Grössen der hier wiederverwendeten Fenster freier umgehen zu können. Ehemalige Gitterzäune des Areals werden als Geländerfüllungen wiederverwendet und Metalltreppen des Bestandes werden in der neuen Balkonstruktur belassen oder aus dem Fundus hierher verbaut zur mehrgeschossigen, vielfältig begehbaren und damit gemeinschaftsbildenden Erschliessungsschicht. Diese wird städtebaulich die enge Fabrikstrasse beleben und aufwerten.

Die nach der Demontage der Blechhülle freigelegte innere Raumgitter-Struktur des Gebäudes inspiriert Alex Hammer zur Umwandlung der Struktur der vormaligen Siloräumlichkeiten in eine offene Balkonschicht und damit zu einem grosszügigen Wohn-Aussenraum, welcher auf die sehr spezifische Nutzung als Milchsiederei zurückzuführen ist. Die dank geschossübergreifenden Maschinen, Treppen, Silos und Kaminen perforierten Geschossdecken verhelfen zu mehrgeschossig kommunizierenden Aussenräumen und verbessern den Lichteinfall in die dahinterliegend eingebauten Wohnungen. In die Wohnungsgestaltung werden zur räumlichen Zonierung der Grundrisse Betonstützen des bestehenden Tragwerks integriert.

Auch ein Selber-Weiterbauen für die Bewohner ist angelegt: der rohe, industrielle Ausbaustandard soll die Bewohner animieren, sich zusätzlich einzubringen, selbst weiterzubauen und sich so die Wohnung anzueignen.
Wir prämieren diese Arbeit mit einer Anerkennung aufgrund ihrer weitgefasst bearbeiteten Nachhaltigkeitsaspekte.»

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