Summerschool Tansania 2023

Die Design-Build Summer School in Tansania/Arusha ist ein partnerschaftliches Projekt der Institute für Architektur, Gebäudetechnik & Energie, Bauingenieurwesen und Innenarchitektur. im Sommer bestand die Aufgabe darin, auf dem bestehenden Primarschulcampus ein neues Sanitärgebäude inklusive Zuleitungen und Abwassersystemen zu planen und während zweier Wochen zu errichten. Das Projekt umfasst ein Gebäude mit geschlechtergetrennten Toiletten für rund 400 Schulkinder.

Der Bauplatz befindet sich im Norden Tansanias im Dorf Ngare Nanyuki, zwischen dem Kilimandscharo und dem Mount Meru. Vor Ort kamen Professoren und Studierende der HSLU sowie aus Dar es Salaam zusammen. Unterstützt wurden sie von Handwerkern vor Ort.

Axonometrie: Herbert Mbowe (Architekturstudent Ardhi University)

Wassermanagement

Der nahegelegene Wasserturm der Summer School 2022 stellt die Wasserversorgung für das Sanitärgebäude sicher. Über eine Hauptzuleitung wird das Brauchwasser in das Gebäude geführt und sowohl zum Reinigen und Spülen als auch zum Händewaschen genutzt. Das anfallende Schmutzwasser wird in Schwarz- und Grauwasser unterteilt. Das Schwarzwasser von den Toiletten wird einem Doppelgrubensystem zugeführt, während das Grauwasser von den Handwaschbecken gefiltert wird und danach zur Bewässerung von Obstbäumen weitergenutzt wird. Das erstellte System bereitet sämtliche anfallenden Stoffe so weit auf, sodass sie weiterverwendet werden können. Ebenso bietet es einen hohen Hygienestandard und ist einfach zu unterhalten.
Die Abwasserleitungen weisen ein Gefälle von etwa 4% auf, um Verstopfungen vorzubeugen. Alle Leitungszusammenführungen und Abzweiger wurden aus Gründen der Zugänglichkeit in Form von Kontrollschächten ausgeführt. Eine „Urinschlange“ ermöglicht die Entnahme und Verwendung des Urins, von den vier Urinalen, bevor dieser dem Schwarzwasser zugeführt wird. Urin ist natürlicherweise steril und dank seinem hohen Nährstoffgehalt ein guter Flüssigdünger. Die Konstruktion mit der Urinzapfstelle ermöglicht es, die lokale Schliessung von Kreisläufen im eigenen Garten zu demonstrieren.
Für beide Schwarzwasserleitungen sind jeweils zwei mit Feldsteinen stabilisierte Gruben von je ca. 15m3 vorhanden. Diese dienen der Versickerung von Flüssigstoffen und dem Sammeln von Feststoffen. Ist eine Grube voll, wird das Schmutzwasser an der Verzweigung in die zweite Grube umgeleitet.
Während sich die zweite Grube füllt (mind. zwei Jahre) entwickeln sich die Feststoffe in der ersten Grube zu Humus. Die Grubenabdeckungen können entfernt werden, sodass der Humus ausgeschaufelt werden kann. Das vererdete und hygienisierte Material kann als wertvoller Bodenverbesserer landwirtschaftlich verwertet werden.
Zur Aufbereitung des Grauwassers sickert dieses durch eine natürliche Filteranlage mit Kies und Sand. Diese befindet sich jeweils im gemeinschaftlichen gedeckten Aussenbereich. Die beidseitigen Holzabdeckungen über den Filterbecken werten den Aufenthaltsbreich auf und bieten Sitzmöglichkeiten. Das gefilterte Grauwasser wird zu neu angepflanzten Bananenbäumen geführt.

Fundament

Das neu erstellte Sanitärgebäude baut auf einem Fundament auf, welches schon im Vorfeld vorbereitet wurde. Die Lage ist so gewählt, sodass sich das Gebäude auf dem bestehenden Areal eingliedert, nahe des Wasserturms befindet und ausserdem die vorhandene Vegetation nicht beeinträchtigt. Wichtig war dies vor allem für die Positionierung der vier Gruben, welche aufgrund der Versickerung nicht zu nahe an die bestehenden Felder und Gärten angrenzen sollen.
Geplant wurden zwei Fundamente, welche in ihrer Form gespiegelt sind. Um den Materialverbrauch zu minimieren, wurden diese so weit reduziert, sodass die Kontur zugleich die Aussenkanten des Mauerwerks darstellen.
Weiter wurde das Fundament mit Steinen aufgefüllt, sodass noch mehr Beton eingespart werden konnte. Einlagen im Fundament wurden ebenfalls auf ein Minimum reduziert. Die Leitungen wurden allesamt ausserhalb, entlang des Gebäudes verlegt.

Wand

Die Gebäudestruktur orientiert sich an der bereits vorhandenen Formensprache der Primarschule und transformiert diese so weit, sodass die neu geplanten Toilettenanlagen darin Platz finden. Den Anforderungen entsprechend sind diese nach den Geschlechtern separiert, sodass ein symmetrisch aufgebautes Gebäude, mit zwei identischen Gebäudeteilen entsteht.
Die gewählte Ausführung in Massivbauweise berücksichtigt nicht nur lokal verfügbare Ressourcen und Handwerkstechniken, sondern ist auch passend für die geplante Nutzung. Die Konstruktion ist sowohl dauerhaft als auch funktional, lässt dennoch Spielraum für Experimente mit ein und demselben Baustein zu. Als Basis dient ein lokal hergestellter Zementstein (cm 45 x 23 x 15) welcher primär für das Mauerwerk genutzt wird, jedoch auch Anwendung im Innenausbau oder dem Abwassermanagement findet.
Die Grundkonstruktion besteht aus einem einschaligen Läuferverband über acht Schichten, welcher zugleich die Höhe der späteren Innenwände ergibt. Die zwei Aussentüren in jedem Gebäudeteil haben einen Unterbruch im Mauerwerk und somit eine frei stehende lineare Wand zur Folge. Der Ringbalken aus Stahlbeton bindet diese in das statische System ein und begünstigt einen gleichmässigen Lastabtrag des Dachs. Von aussen als Ornament ersichtlich, welche die Horizontalität und Zusammengehörigkeit der zwei Gebäudeteile hervorheben, sind die abgedrehten Steine nicht nur als Verzierung gedacht. Die in 45° abgedrehten Mauerwerkssteine in der zweiten und siebten Schicht haben pro Kabine jeweils eine offene Fuge, welche hauptsächlich der Durchlüftung dient, jedoch auch etwas Licht hindurchlässt. Als Basis dient ein regulärer Zementstein, der dann halbiert wird. Mit der Schnittkante nach unten versetzt sind so auch die Halb-Steine von allen Seiten optisch gleich, auch entsteht kein Verschnitt.

Dach

Die Dachkonstruktion in Holzbauweise bedient sich ebenfalls lokal erhältlichen Holzbalkendimensionen (cm 5×5 / 5×10 / 5×15). Gearbeitet wurde mit einheimischem Weichholz, welches jedoch weder technisch noch natürlich getrocknet wurde. Vorgängig im Modell getestet ist ein flach geneigtes Satteldach (7°) entstanden, welches beide Gebäudeteile miteinander verbindet und somit auch einen gedeckten Bereich dazwischen schafft. Die Dachkonstruktion hat vor allem an Komplexität gewonnen beim Versuch, die grossen Spannweiten zu überbrücken. Ebenfalls 45° zur Grundkonstruktion abgedreht, wird die Last über Einzellauflager abgeleitet. Die Primärstruktur besteht aus Fachwerk-ähnlichen Bindern, welche in Richtung des Dachfirsts mit Holzrahmenträgern ausgesteift wurden.
Beim Betonieren des Ringbalkens wurden ebenfalls eigens hergestellte Stahlanker eingelegt. Mittels Gewindestangen wurden die vorfabrizierten Holzelemente so mit dem Gebäude verbunden. Gleiches gilt für die Knotenpunkte, bei welchen die Binder und Träger zusammenstossen. Alle übrigen Holzverbindungen wurden wie lokal üblich genagelt.
Die Konterlattung als letzte Schicht dient als Auflager für die Blecheindeckung. Diese ist weit verbreitet, einfach erhältlich und ausserdem sehr leicht und dauerhaft.
Der Abstand zwischen Mauerwerk und Dachunterseite bringt vor allem Licht und Luft ins Gebäude. Des Weiteren ist das Firstblech den klimatischen Gegebenheiten entsprechend erhöht, sodass eine bestmögliche Ventilation gewährleistet ist. Nicht zuletzt scheint das Dach durch die weite Auskragung im Zusammenspiel mit den wenigen Punktauflagern über dem Gebäude zu schweben.

Ausbau

Es ist je ein abgeschlossener Raum mit sieben Toilettenkabinen für Mädchen und vier Toilettenkabinen und vier Urinale für die Jungen vorgesehen. Dazwischen befindet sich ein gedeckter und gemeinschaftlich genutzter Bereich mit Aufenthaltsqualität, welcher das Thema der Wasseraufbereitung nochmals inszeniert. Sowohl die Mädchen- als auch die Jungentoiletten haben jeweils einzelne Kabinen mit eimergespülten Toiletten. Zudem steht jeweils auch eine grosszügige Kabine bereit, welche behindertengerecht ist. Die Trennwände aus Wellblech sind kostengünstig, aber auch einfach zu reinigen. Gleiches gilt für das Mauerwerk, welches mit einem wasserfesten Anstrich geschützt wird. Kulturell gesehen ist vor allem der Sichtschutz zu berücksichtigen, weniger jedoch die akustische Trennung. Um den Wasserverbrauch gering zu halten, wurde lediglich die grosszügige Eckkabine mit einer eigenen Wasserzuleitung ausgestattet. Die Waschbecken mit Seifenspendern in beiden Waschräumen fördern ein bestmögliches hygienisches Verhalten. Weiter unterstützt der ressourcenschonende Umgang mit dem Wasser die gelebten haushälterischen Werte.

Text: Sven Leuenberger (Architekturstudent Hochschule Luzern)

Studierende: Jerun Brändli, Sofia Botte, Mirza Buzimkic, Fabio Furrer, Pascal Hächler, Luk Hess, Asma Iddi, Simon Jud, Dominique Lehmann, Joyce Leonard, Sven Leuenberger, Edwin Lyakwipa, Joel Märki, Herbert Mbowe, Luca Meier, Nelly Njau, Simon Oehen, Blerona Sakiri, Catherine Shio, Isabella Weber, Nicole Weilenmann Lehrteam: Gunter Klix, Wolfgang Rossbauer, Annika Seifert, Lukas Ulrich, Reto von Euw Zusammenarbeit: Hochschule Luzern – Technik & Architektur, Universität von Dar es Salaam, Africa Amini Alama, APC Dar es Salaam, Wolfgang Rossbauer Architekten Finanzielle Unterstützung: HSLU Foundation, STO Stiftung, Olaf Kübler, SoLUtion

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