Award für «Atlas des Dazwischenwohnens»

Angelika Juppien, Richard Zemp und Elke Schultz gewinnen den DAM Architectural Book Award 2023 für das Buch «Atlas des Dazwischenwohnens – Wohnbedürfnisse jenseits der Türschwelle» – und dies zum zweiten Mal in Folge. Mit dem Designpreis zeichnet die Frankfurter Buchmesse und das Deutsche Architekturmuseum (DAM) jedes Jahr die 10 besten Architekturbücher des Jahres aus.

Die Publikation versteht sich als Plädoyer für die Wiederentdeckung des Zwischenraums als Gestaltungsraum. Sie baut auf der Studie «Redefine the In-Between – Die Bedeutung des Zwischenraums als Komplementärraum der Wohnung» auf und ist Ende 2022 bei Park Books erschienen, herausgegeben vom Institut für Architektur (IAR) und dem Kompetenzzentrum Typologie & Planung in Architektur (CCTP).

Inhalt der Publikation

Wohnen findet nicht nur in der eigenen Wohnung, sondern auch um das Haus herum und auf der anderen Strassenseite statt – dieser Band geht den Wohnbedürfnissen jenseits der Türschwelle nach.

Der Atlas des Dazwischenwohnens befasst sich mit dem Wohnen vor der Wohnungstür, in und um das Haus herum und auf der anderen Strassenseite, also mit den sogenannten Komplementärräumen, die unsere private Wohnfläche erweitern. Die Bewohnerinnen und Bewohner werden dabei partizipativ in die Wohnforschung mit eingebunden. Mittels fotografischer Streifzüge wird aus ihrer Sicht die Bedeutung des Wohnens ausserhalb der eigenen vier Wände dargelegt. Die Forschungsarbeit versteht sich als Plädoyer dafür, der «Lust des Hinauswohnens» mehr Raum zu geben.

Die gegenwärtige Diskussion um eine Reduktion der Wohnfläche pro Person und die damit verbundene Auslagerung von Tätigkeiten aus der Wohnung in den halböffentlichen und öffentlichen Bereich verleiht diesem Buch grosse Aktualität. Auch ist das allgemeine Interesse an den Themen Wohnumfeld, Zwischenraum und Quartiersinfrastruktur vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie, des Klimawandels und des Phänomens städtischer Hitzeinseln stark gewachsen. Anhand von sechs Fallstudien in der Schweiz und in Deutschland wird die Bedeutung von wohnungsnahen Zwischenräumen und Nutzungsangeboten aus Sicht der Bewohnerinnen und Bewohner untersucht. Eine konkrete Orientierungs- und Diskussionshilfe bietet schliesslich der «Kompass». Als praxisorientiertes Werkzeug richtet er sich an Planerinnen und Bauträgerschaften, engagierte Mieterinnen und Mieter, die Wohnqualität über die Parzellengrenze hinaus diskutieren möchten.

DAM Architectural Book Award

Der internationale DAM Architectural Book Award wird von der Frankfurter Buchmesse und dem Deutsche Architekturmuseum (DAM) an die 10 besten Architekturbücher des aktuellen Jahrgangs vergeben. Eine Fachjury bewertet dabei zusammen mit Expert*innen Publikationen aus dem In- und Ausland nach Kriterien wie Gestaltung, inhaltliche Konzeption, Material- und Verarbeitungsqualität, Grad an Innovation und Aktualität. Die ausgezeichneten Publikationen werden dann auf der Buchmesse präsentiert.

Jurybegründung für die Auszeichnung
Der «Atlas des Dazwischenwohnens» versteht sich als Nachschlagewerk und vermittelt grundlegendes Orientierungswissen. Der Untertitel verrät: Wohnbedürfnisse jenseits der Türschwelle und der eigenen vier Wände stehen hier im Zentrum. Es geht konkret um das Wohnumfeld, den Zwischenraum und die Quartiersinfrastruktur. Es geht um brandaktuelle Themen wie Aneignung, Benutzung, Gebrauch und Veränderung von gegebenen Situationen.
Welche Arten von Wohnen gibt es im halböffentlichen und öffentlichen Bereich? Wie findet die Aneignung durch die Bewohner:innen statt? Um diese Fragen zu beantworten, werden zunächst verschiedene Wohnbedürfnisse eruiert und in sowohl aussagekräftige als auch charmante Begriffe zusammengefasst, wie beispielsweise Abenteuer, Tapetenwechsel und Zauber. Anschließend werden Orte des «Dazwischenwohnens» benannt und durch die Bewohner:innen selber dokumentiert. Schließlich wird eine konkrete Orientierungshilfe entwickelt, um die so genannten «Dazwischenorte» selber aufzuspüren, zu beschreiben und analysieren zu können. Im zweiten Teil des handlichen Bandes werden sechs Fallbeispiele mithilfe der zuvor entwickelten Methoden vorgestellt. Spannend ist, dass diverse Akteur:innen einbezogen werden und zu Wort kommen. Die verschiedenen Stimmen und Stimmungen treten im Buch auch visuell ausgewogen in Erscheinung: ganzseitige Fotografien bilden wirklich gelebten Raum ab und stehen optisch im Kontrast zu kleinformatigen Polaroidaufnahmen der Bewohner:innen, deren individuelle Eindrücke auf diese Weise eine eigene Erzählebene bilden. Auch die Zitate von Fachexperti:nnen und Bewohnerinnen heben sich grafisch und farblich ab. Dass die Fallstudien jeweils mit Zitaten betitelt sind, verleiht dem Ganzen zusätzlich eine wohltuende Direktheit. Wichtige Querverweise, wie beispielsweise die wiederkehrende Verwendung der Grundrisstypologien als Symbole oder das konsequente Referenzieren auf die eigens entwickelten Methoden und Begriffe helfen dem Interessierten sinnvoll bei der Orientierung. Die detailreiche, klare und abwechslungsreiche Gestaltung zieht sich konsequent durch die heterogenen Teile des Bandes und ist ästhetisch überzeugend sowie dem Inhalt angemessen.
Die Hochschule Luzern dokumentiert mit diesem Band ein hauseigenes Forschungsprojekt auf eine übersichtliche und inspirierende Weise. Die Lektüre macht Lust, die Türen zu öffnen und zu entdecken, erforschen, erobern, begegnen und gestalten. Eine Typologie des «Dazwischenwohnendürfens» wird hier ausgebreitet. Die Publikation ist gedacht als praxisorientiertes Werkzeug und Diskussionshilfe. Sie richtet sich an Planer:innen und Bauträger:innen, an Mieter:innen, die über Wohnqualität diskutieren wollen, die über die Parzellengrenze hinausreicht. Es handelt sich um ein gelungenes Plädoyer für die Wiederentdeckung des Zwischenraums als Gestaltungsraum. (Kathrin Siebert)

Links und Downloads

Medienecho

Präsentation des Buches durch Insa Wilke in der TV-Sendung «lesenswert Quartett» in SWR und 3Sat, 6. Oktober 2022
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