Hackathon: Ein Brainpower-Sprint für Innovation
Der Studiengang «Applied Information and Data Science» der HSLU mobilisierte seine gesamten Kräfte für den CodevsCovid19 Hackathon von Ende März 2020. Ein zeitlich begrenzter Event, an dem Programmierer, Designer, Data Scientists und Enabler während 72 Stunden zusammen an der Verminderung der Corona-Krise-Auswirkungen arbeiteten. Grund genug, um sich dem Thema Hackathon ganz allgemein zu widmen. In diesem Blog erfahren Sie, wie Hackathons aufgebaut sind und warum sowohl hackende Experten als auch problemstellende Challenge Owner ein Interesse haben, solche Formate zu nutzen.
Der gesamte Studiengang «Applied Information and Data Science» der HSLU nahm Ende März 2020 am Covid19 Online-Hackathon teil. Knapp 3000 Programmierer, Designer, Data Scientists und Enabler aus über 80 Ländern kreierten zusammen während 72 Stunden Lösungen, welche die Auswirkungen der Coronavirus-Krise vermindern sollen.
Der CodevsCovid19 Hackathon war eine Initiative des HackZurich und der ETH Zürich und wurde vom Bund, vom Kanton Zürich, von verschiedenen Bildungsinstitutionen und Unternehmen unterstützt. Mit HackZurich als Initiator erhielt der Hackathon internationale Strahlkraft. Denn seit seiner Gründung 2014 hat sich HackZurich zu einem der grössten und renommiertesten Hackathons der Welt gemausert und zieht bei seiner jährlichen Durchführung Bewerbungen aus über 55 Ländern an.
Die Teilnahme des Studiengangs am Hackathon war innerhalb kürzester Zeit klar. Denn Hackathons sind für unseren Studiengang seit dem Start im Jahr 2018 fester Bestandteil des Curriculums. Die Studierenden organisieren jedes Jahr mindestens einen 32-stündigen Hackathon, holen Partner ins Boot, organisieren Challenges, laden Interessierte ein und hacken tatkräftig mit.
Auch am CodevsCovid19 Hackathon haben sich unsere Studierende mächtig ins Zeug gelegt. Am Ende des Hackathons wurden in einer öffentlichen Abstimmung die besten 25 aus insgesamt 306 Projekten ausgewählt. Unsere Studierenden haben sowohl am Siegerprojekt als auch an 4 weiteren Projekten der Top 25 mitgearbeitet. Eines der Top 25 Projekte wurde zudem von zwei unserer Dozierenden erarbeitet. Die gewählten Challenges bzw. Problemstellungen waren dabei sehr abwechslungsreich:
- Detect Now: Das Siegerprojekt hat einen Algorithmus entwickelt, der nur anhand der Hustgeräusche erkennt, ob eine Person mit dem Covid19-Virus infiziert ist. So können sich sämtliche Personen ganz einfach zuhause am Computer testen lassen. Medienbericht
- Next Step – Get back together: Die App zur Unterbindung der Ansteckungskette erkennt, wenn zwei anonymisierte Personen länger nahe beieinanderstehen. Hat ein Nutzer sich mit dem Virus infiziert, kann er dies anonym in der App melden. Sämtliche Kontaktpersonen werden daraufhin informiert, dass sie sich eventuell angesteckt haben. Die Personen können sich dann sofort in Selbst-Isolation begeben.
- Sero Data – Zero Cases: Die Webseite sammelt Daten zu sämtlichen Antikörper-Tests. Sobald diese Tests der breiten Bevölkerung zur Verfügung stehen, liefert die Webseite hervorragende Daten zur Verbreitung des Virus.
- Automatic Detection of Covid19 from POCUS Ultrasound Data: Das Team hat ein Modell entwickelt, das die Infizierung mit dem Covid19-Virus anhand von Ultraschallbildern der Lunge erkennt. Damit steht eine sehr kostengünstige Testmethode in jeder Arztpraxis zur Verfügung.
- Be a Sheep: Ähnlich zu Next Step erkennt diese App, wenn zwei Nutzer sich über den Weg laufen. Sobald ein Nutzer positiv auf den Covid19-Virus getestet wird, werden alle Kontaktpersonen darüber informiert. Die App enthält zudem einen Newsfeed und einen Fragebogen zur Selbstevaluation bei Symptomen.
- Spread Modelling: Forecasting with a Unified Database: Diese Software zur Verbesserung der Datengrundlage führt Daten zu Covid19-Fällen aus unterschiedlichen Ländern und Quellen zusammen. Zudem ermöglicht sie Entwicklungsprognosen und visuelle Darstellungen der Daten.
Das Siegerprojekt hat direkt CHF 1’000 als Finanzierungsanschub gewonnen. Die restlichen 24 Projekte können sich nun um eine solche Finanzierungshilfe bewerben. Einige Projekte unserer Studierenden, zum Beispiel «Be a Sheep» oder «match4care», stehen bereits mit Unternehmen und möglichen Investoren im Kontakt, um die Weiterentwicklung des Prototyps voranzutreiben.
Nun aber ganz grundsätzlich: Was hat es auf sich mit solchen Hackathons?
Das Word Hackathon setzt sich aus den beiden Begriffen «hack» (eine Art kreatives Tüfteln mit Technik, Programmen und Software) und «Marathon» (Laufwettkampf über 42.2 km) zusammen. Der Hackathon ist also ein zeitlich begrenzter Event, an dem Experten aus verschiedensten Disziplinen Probleme bzw. Challenges mit Hilfe von Technologie und Daten lösen und Innovationen hervorbringen.
Die Ausgestaltung eines Hackathons kann ganz unterschiedlich sein. So kann er sich einem spezifischen Thema widmen, sich auf bestimmte Anwendungen, Umgebungen oder Systeme konzentrieren, innerhalb eines Unternehmens oder öffentlich stattfinden, wenig oder viele Teilnehmer zulassen oder als Netzwerk-Event dienen. Die Challenges können von sogenannten Challenge Ownern vorgegeben oder von den Teilnehmern in Teams selbstständig bestimmt werden. Die verwendeten Daten sind häufig open data bzw. öffentlich zugänglich, können aber auch von spezifischen Challenge Ownern zur Verfügung gestellt werden. Gerade die Daten sind eine grosse Herausforderung. Überhaupt an die relevanten Daten heranzukommen, sie aufzubereiten und zur Verfügung zu stellen kann sehr schwierig sein. Deshalb haben Hackathons auch eine relativ lange Vorbereitungsphase, die sich mitunter über Monate hinziehen kann.
Trotz der unterschiedlichen Ausrichtungen der Hackathons bleibt der Ablauf immer relativ ähnlich. Zu Beginn eines Hackathons werden die Challenges vorgestellt oder bestimmt, die dann in Gruppen bearbeitet werden. Dann wird während mindestens 24 Stunden an den Challenges gearbeitet. Oft tüfteln die Teilnehmer bis tief in die Nacht an möglichen Lösungen und schlafen im eigens mitgebrachten Schlafsack vor Ort. Geld erhalten die Teilnehmer in der Regel nicht. Meistens ist dank Sponsoring einfach für Kost und Logis gesorgt. Es sei denn, die besten Lösungen werden prämiert. Dann winkt am Ende womöglich ein schönes Preisgeld. Am Ende der Bearbeitungszeit stellen alle Teams ihre Lösungen vor. In der Regel werden diese Lösungen inkl. Code und Daten öffentlich zugänglich gemacht. Der mitunter schwierigste Schritt bei einem Hackathon kommt jedoch erst nach dessen Beendigung. Damit die erarbeiteten Lösungen keine Papiertiger bleiben, müssen sie in Projekte umgewandelt werden, die von Stakeholdern getragen und umgesetzt werden. Das ist nicht immer ganz einfach.
Warum machen die Leute bei Hackathons mit?
Für die teilnehmenden Experten können Hackathons Hobby sein. Die einen gehen gerne in den Garten, die anderen schreiben gerne Code und analysieren Daten. Natürlich erfüllt ein Hackathon aber auch ganz andere Zwecke. Er bietet Experten die Möglichkeit, sich mit ihren Fähigkeiten bei Wunschkunden zu empfehlen, Projekterfahrungen zu sammeln und so ihr eigenes Arbeitsportfolio zu bereichern, Industrie Know-how aufzubauen und das eigene Netzwerk zu erweitern. Auch Geld kann eine Rolle spielen. Salesforce hat 2013 im Rahmen eines Hackathons zum Beispiel ein Preisgeld von 1 Mio. USD vergeben. Meistens spielt Geld jedoch eine untergeordnete Rolle. Für die Experten steht vielfach eine ganz andere Motivation im Vordergrund. Sie können neue Herangehensweisen kennenlernen, Businessmodelle ausprobieren, sich mit Gleichgesinnten austauschen, ihre berufliche Laufbahn positiv beeinflussen und für die Gesellschaft, eine Organisation oder ein Unternehmen echte Verbesserungen entwickeln.
Gerade für kleine Unternehmen, Organisationen und Vereine sind Hackathons sehr spannende Innovations-Booster. Nehmen wir das Beispiel eines Quartiervereins. Der Verein möchte sich in die Verkehrsplanung der Stadt einbringen. Dazu möchte der Quartierverein Mobilitätsdaten nutzen, um ein eigenes Konzept für das Quartier zu erarbeiten. Ein entsprechendes Expertenteam zu engagieren ist für einen Quartierverein nur schon aus finanziellen Gründen praktisch unmöglich. Will der Zufall nun, dass die Stadt zum Thema Verkehrsplanung und Einbindung der Bevölkerung in die Stadtplanung einen Hackathon durchführt, kann sich der Quatierverein als Challenge Owner melden und sein Begehren vorstellen. Mit etwas Glück finden sich Experten in einer Gruppe, die das Thema bearbeitet und dem Quartierverein zum Beispiel ein Dashbord zur visuellen Darstellung der Fussgängerströme im Quartier präsentiert.
Aber auch für grosse Unternehmen, Non-Profit Unternehmen oder Behörden lohnt sich ein Hackathon allemal. Es gibt kaum eine andere Gelegenheit, bei der so viel Brainpower auf einmal zusammenkommt, um gleichzeitig an so vielen unterschiedlichen Problemen zu arbeiten.
Hackathon – und was dann?
Wie bereits vorhin kurz angedeutet beginnt die Arbeit mit der Beendigung des Hackathons erst recht. Inwiefern die entwickelten Lösungen tatsächlich etwas bewirken hängt wesentlich davon ab, was die Challenge Owner daraus machen. Es steht und fällt also damit, was zum Beispiel der Quartierverein mit dem entwickelten Dashboard anstellt, ob und wie er es für das eigene Verkehrskonzept nutzt. Die Lösungen, die bei einem Hackathon entstehen, sind ja meist noch nicht pfannenfertig. Damit sie produktiv werden, müssen sie noch an verschiedene Anforderungen angepasst werden, in der Bedienung vereinfacht, verbessert und optimiert werden, sie müssen in bereits existierende Systemlandschaften und Prozesse eingebaut werden, Nutzer müssen geschult werden und unter Umständen die Monetarisierung konkretisiert werden.
Deshalb sollte ein Hackathon als die erste, sehr kraftvolle Iteration eines Entwicklungsprozesses betrachtet werden, an dessen Ende ein innovatives und nutzenstiftendes Produkt steht.
Dr. Patricia Feubli, stellvertretende Studiengangleiterin Master in Applied Information and Data Science
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