Ich stehe vor meinem Notebook, hebe mein Bein in die Luft und versuche, einen imaginären, mit roter Farbe gefüllten Ball von meinen Zehenspitzen zu meiner Hüfte zu bewegen, um mich so von innen anzumalen. Auf meinem Bildschirm sehe ich rund dreissig gestandene Frauen und Männer, die mit derselben Mission lachend bei sich zu Hause rumturnen.
Es ist 9:10 Uhr, Ralf Wetzels Session hat gerade erst begonnen.
Virtuelle Konferenzen fluten zurzeit regelrecht unseren Alltag. Oftmals werden trocken die Traktanden abgeklappert – Zeit und Platz für zwischenmenschlichen Austausch, Spontanität oder Emotionen gibt es kaum. Es müssen schliesslich alle gleich weiter und solche Ablenkungen schaden der Konzentration, Effizienz und Produktivität.
Dass das nicht sein muss, zeigte uns der Interaktionskünstler und –forscher Ralf Wetzel an drei ausgebuchten Online-Konferenzen mit insgesamt über 80 Teilnehmer*innen. Dabei offenbarte er uns Improvisationstechniken, die er in seiner Arbeit als Leadership Wizard und ‘serious’ Clown verwendet. Mit dem Ziel, dass wir diese ohne grossen Aufwand zur Auflockerung in unsere stinknormalen Sitzungen implementieren können.
Mit der Clown-Nase aufgesetzt nähert er sich der Webcam und fordert uns auf: «Schaut doch mal, wer sonst noch so hier ist». Neugierig erkunde ich die Gesichter der anderen. So nahe kommt sich mensch schliesslich selten. «Schaut ganz genau hin. Sucht den Augenkontakt. Wie fühlt sich diese Person? Ist sie müde? Gut gelaunt? Imitiert ihre Gefühle!» Es geht nicht lange und alle sind am Strahlen.
Nach einer Stunde habe ich dreissig mehr oder wenig fremden Menschen meinen Arbeitsplatz/ Schlafzimmer gezeigt, meine Persönlichkeit anhand eines neonpinken Stirnbandes erklärt und fliessend Gibberish gelernt. Ich habe meine Komfortzone komplett verlassen und fühle mich hyped, federleicht und befreit. Der Rest des Tages gestaltet sich so produktiv wie schon lange nicht mehr.
Danke Ralf. Ziel erreicht.