Der Gasometer von Campi Genoa
Nach der Bearbeitung des ältesten Stadtteils von Genua (Italien) im Herbstsemester 2021 konzentrierte sich das Masterstudio «Architektur & Struktur» im Frühjahrssemester 2022 auf das untere Polcevera-Tal im westlichen Teil von Genua, das von der Tragödie des Einsturzes der Morandi-Brücke betroffen ist.
Die Studierenden beschäftigten sich mit der Infrastruktur, dem industriellen Erbe, den Arbeitervierteln und den alten Villen auf dem Land. Der Gasometer von Campi bildete den Ausgangspunkt und den Schwerpunkt ihrer Entwurfsarbeit. Sie sollten versuchen, diesem Monument der Industriegeschichte eine neue Bedeutung zu verleihen und eine Verbindung zwischen ihm und der neuen Brücke von Renzo Piano und dem neuen Plan für den Park von Polcevera von Stefano Boeri herzustellen. Dementsprechend musste die Aufgabe auf zwei Ebenen angegangen werden: zum einen auf der Ebene des Objekts und zum anderen auf der Ebene der Stadtplanung. Ein Viertel, das von seiner dramatischen Geschichte überschattet wird, sollte in eine bessere Zukunft geführt werden. Ein genaues Raumprogramm war nicht vorgesehen. Dieses sollte auf der Grundlage der Analyse und der gewählten städtebaulichen Strategie individuell entwickelt werden.
Projekt von Dugald Gardner
Masterstudent Dugald Gardner schreibt über sein Projekt: «Meiner Meinung nach sollte die Neugestaltung des Gebiets ein Versprechen an die betroffenen Menschen sein, nicht noch einmal im Stich gelassen zu werden. Die Neugestaltung sollte der jetzigen Gemeinschaft zugutekommen und einen Grundstein für weitere Entwicklungen bilden. Sie sollte nicht vorrangig auf den Tourismus ausgerichtet sein, jedoch selbstbewusst ihren Platz in der Öffentlichkeit einnehmen. Die Neugestaltung sollte das Tal verbinden, Raum für Erholung und partizipative Aktivitäten schaffen und gleichzeitig den Opfern der Tragödie gedenken.»
Brücke (Verbindung)
Die neue Fussgängerbrücke mit dem sie umgebenden Park soll ein fragmentiertes Stadtgebiet neu verbinden, wovon die Anwohner rund um die Einsturzstelle profitieren würden. Durch die Verlängerung der Wege auf beiden Seiten der Brücke werden die Hänge für Erholungszwecke zugänglich und die Fahrt ins Tal für die Bewohner der darüber liegenden Dörfer bequemer. Eine zweite Ebene auf der Brücke wird einen sichereren und schnelleren Pendelverkehr mit dem Fahrrad über das Tal ermöglichen. Treppen und Rampen entlang der Brücke werden Fussgängern und Radfahrern den Zugang zur Brücke gewähren. Die neue Brücke wird mit verkohltem Holz verkleidet und soll so den Schatten der alten Brücke symbolisieren. Die Brücke wird zudem eine Verbindung zwischen der Gedenkstätte von Boeri und dem Gasometer herstellen.
Park (Erholung, Partizipation und Aneignung)
Der Park soll verschiedene Räume bieten. Mit Bäumen, Sträuchern und hohem Gras soll eine wilde Landschaft geschaffen werden. Der Park soll von den Menschen angeeignet werden können und flexibel nutzbar sein. Ein Fussballspiel auf dem Rasen, der Gemüseanbau in einem Gemeinschaftsgarten oder ein Gartenfest sind nur einige Ideen, wie der Park von der Gemeinschaft genutzt werden könnte.
Gasometer (Gedenken)
Der Gasometer soll als Gedenkstätte verstanden werden. Durch die partielle Öffnung des Daches und dem Einbau einer massiven, kreisrunden Marmorbank soll dem industriellen Relikt mit einfachen Mitteln eine neue Funktion zugeschrieben werden. Die minimalen Eingriffe in die Bausubstanz sollen zukünftige Weiterentwicklungen erlauben. Der Marmor als äusserst langlebiges Material könnte in seiner kreisförmigen Anordnung gar die korrodierende Stahlkonstruktion überdauern, die ihn derzeit umgibt.