{"id":26224,"date":"2023-08-04T10:00:00","date_gmt":"2023-08-04T08:00:00","guid":{"rendered":"https:\/\/sites.hslu.ch\/architektur\/?p=26224"},"modified":"2023-08-15T17:06:17","modified_gmt":"2023-08-15T15:06:17","slug":"ethik-hs-22","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/sites.hslu.ch\/architektur\/ethik-hs-22\/","title":{"rendered":"ETHIK HS 22"},"content":{"rendered":"\n

Im Modul \u00abEthik\u00bb diskutierten die Studierenden \u00fcber das Handeln von Architekt*innen sowie die ethischen Fragestellungen und Konflikte, die sich im Zusammenhang damit ergeben. Ziel war es, die Auswirkungen des eigenen Tuns besser absch\u00e4tzen und reflektieren zu lernen.<\/p>\n\n\n\n

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Ethische Raumpraxis: Notations von Mohtashamian Daniyal, 2022<\/p>\n\n\n\n

Von der Auftragsvergabe bis zur Ausf\u00fchrung begegnen Architekturschaffende in ihrem Praxisalltag zahlreichen ethischen Herausforderungen. In Anbetracht der planetarischen Krise und des erheblichen Beitrags, den der Bausektor zum globalen Energieverbrauch und CO2-Ausstoss leistet, werden diese zudem nicht kleiner. Schon die grundlegende Frage nach Erhalt oder Abriss ber\u00fchrt ethische Aspekte, ist doch das eigene Honorar an die Bausumme gekoppelt. Ebenso haben hierzulande intensiv diskutierte Themen wie das Wohnen und die Raumplanung eine ethische Dimension. Knapper und teurer Wohnraum sowie der hohe Bodenverbrauch steigern den Ruf nach Verdichtung. Doch wem n\u00fctzt diese unter den gegebenen Voraussetzungen\u2014Investor*innen und der Immobilienwirtschaft oder der Bev\u00f6lkerung, die sich zunehmend Verdr\u00e4ngungsdynamiken ausgesetzt sieht? Weitere ethische Dilemmas stellen sich im Zusammenhang mit den im Sektor herrschenden Arbeits- und Produktionsbedingungen, insbesondere im Zuge der voranschreitenden Globalisierung und Digitalisierung der Baut\u00e4tigkeit. Hier geht es beispielsweise um verbindliche Standards fairer Arbeit und die Wahrung der Rechte von Arbeitsmigrant*innen auf Grossbaustellen. Zu guter Letzt birgt die Realisierung von Bauten eine Reihe ethischer Fragen\u2014vom Abbau \u00fcber die Verarbeitung und den Transport, bis hin zum Einbau (und zunehmend auch die Wiederverwendung) von Baustoffen. M\u00f6gen sich Architekt*innen in all diesen Bereichen noch so sehr f\u00fcr Schadensminimierung aussprechen, m\u00fcssen sie doch h\u00e4ufig anerkennen, dass ihr Handeln trotz guter Intentionen bisweilen auch negative Konsequenzen hat.<\/p>\n\n\n\n

Die Komplexit\u00e4t dieser Ausgangslage ist aber kein Grund zu resignieren; sie gibt weder Anlass zu Fatalismus (\u00abich kann ohnehin nichts \u00e4ndern\u00bb) noch zum R\u00fcckzug auf disziplin\u00e4re Autonomie (\u00abmich interessiert nur die Architektur an sich\u00bb). Gleichwohl gilt es, sowohl blindem Fortschrittsglauben (\u00abtechnische und gesellschaftliche Entwicklungen l\u00f6sen all unsere Probleme\u00bb) als auch einem heroischen Optimismus (\u00abgute Gestaltung ver\u00e4ndert die Welt\u00bb) angesichts begrenzter Handlungsspielr\u00e4ume kritisch gegen\u00fcberzutreten.<\/p>\n\n\n\n

\u00dcber ein Semester haben sich die Studierenden im Modul daher einem situierten und eigenst\u00e4ndigen Verst\u00e4ndnis der Ethik von Architekt*innen angen\u00e4hert. Im Austausch untereinander haben sie gelernt, die Konsequenzen ihres Handelns einzusch\u00e4tzen und zu reflektieren. Als Orientierungsrahmen diente ihnen zum einen die Inputreihe, die ethische Fragestellungen der Gegenwart\u2014zum Umgang mit einer komplexen Welt, zur Ethik des Sorgetragens oder zu ethischen Herausforderungen digitaler Planungswerkzeuge\u2014in einen breiteren historischen Kontext stellte. Zum anderen wurden verschiedene ethische Prinzipien in Lekt\u00fcreseminaren zur Diskussion gestellt. Einen Resonanzraum zu dieser theoretischen Auseinandersetzung boten die \u00dcbungen zur ethischen Raumpraxis. Sie dienten der Sch\u00e4rfung der k\u00f6rperbasierten Wahrnehmung, dem Erfahren sozialer Interaktions- und Aushandlungsprozesse sowie der Selbstbeobachtung und Reflexion des individuellen Handelns. Denn Ethik ersch\u00f6pft sich nicht im abstrakten Verst\u00e4ndnis ethischer Prinzipien, sondern entsteht im gelebten Umgang miteinander in konkreten Situationen. Insofern liegt das Gewicht weniger im Aufbau einer eigenen \u00abHaltung\u00bb, als dem Ausloten von Strategien eines \u00absich-zu-den-Dingen-Verhaltens\u00bb.<\/p>\n\n\n